Verborgene Regeln und ihre Auswirkungen
In jeder Gemeinschaft, einschließlich Familien, gibt es ausgesprochene und unausgesprochene Regeln, die den Umgang miteinander prägen. In dysfunktionalen Familien zeigen sich oft bestimmte Verhaltensmuster und Regeln, die das familiäre Miteinander erschweren und langfristige Auswirkungen haben können. Diese Regeln und ihre Folgen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Regel Nr. 1: Sprich nicht …
... weder innerhalb der Familie noch mit Außenstehenden über Herausforderungen oder Konflikte. Oft herrscht die Erwartung, so zu tun, als sei alles in Ordnung.
Die Auswirkungen: Dieses Schweigen führt zu einer Atmosphäre, in der persönliche Erfahrungen und Gefühle nicht geteilt werden können. Kinder fühlen sich dadurch häufig allein oder missverstanden und entwickeln Zweifel an ihrer Wahrnehmung.
Regel Nr. 2: Vertraue nicht …
... weder anderen noch dir selbst. Wenn im familiären Umfeld Unsicherheiten oder Widersprüche im Verhalten der Bezugspersonen auftreten, fällt es schwer, Vertrauen zu entwickeln.
Die Auswirkungen: Ein Kind, das keine Verlässlichkeit erlebt, hat es später oft schwer, Unterstützung zu suchen oder anzunehmen. Das Fehlen von Stabilität kann ein Gefühl der Orientierungslosigkeit hinterlassen.
Regel Nr. 3: Fühle nicht …
... deine eigenen Emotionen. Wenn emotionale Ausdrucksformen nicht erwünscht oder akzeptiert werden, lernen Kinder, ihre Gefühle zurückzuhalten oder weniger wahrzunehmen.
Die Auswirkungen: Der Umgang mit den eigenen Emotionen wird erschwert, was dazu führen kann, dass Kinder den Zugang zu ihren Bedürfnissen und Gefühlen verlieren.
Typische Merkmale dysfunktionaler Familien
Die beschriebenen Regeln schaffen oft eine Atmosphäre, die durch Unsicherheit und fehlende Klarheit geprägt ist. Typische Merkmale solcher Familien können sein:
Bedingte Zuwendung: Anerkennung und Wertschätzung hängen oft von bestimmten Erwartungen oder Leistungen ab.
Grenzüberschreitungen: Persönliche Grenzen werden nicht immer respektiert, und Verantwortlichkeiten können sich vermischen.
Unklare Rollen: Kinder übernehmen manchmal Aufgaben oder Rollen, die nicht ihrem Alter entsprechen.
Unbeständige Regeln: Es gibt oft widersprüchliche oder schwer nachvollziehbare Vorgaben im Umgang miteinander.
Starke Anpassung: Kinder entwickeln feine Wahrnehmungsfähigkeiten, um mit wechselnden Erwartungen umzugehen, vernachlässigen dabei jedoch häufig ihre eigenen Bedürfnisse.
Der Weg zur Veränderung: Die Regeln hinterfragen
Die Einhaltung dieser unausgesprochenen Regeln war in der familiären Situation oft notwendig, um sich anzupassen. Später im Leben können diese Muster jedoch hinderlich sein. Veränderung braucht Zeit und Geduld:
Sprich über deine Erfahrungen: Finde vertrauenswürdige Menschen, mit denen du deine Erlebnisse teilen kannst.
Vertrauen aufbauen: Erlaube dir, anderen und dir selbst wieder mehr Vertrauen zu schenken und klare Grenzen zu setzen.
Gefühle zulassen: Gib dir Raum, deine Emotionen wahrzunehmen und sie in deinem eigenen Tempo zu verarbeiten.
Fazit
Dysfunktionale Familien prägen oft Verhaltensmuster, die es schwer machen, eigene Bedürfnisse und Gefühle wahrzunehmen. Doch es ist möglich, diese Muster zu erkennen und behutsam neue Wege zu finden. Der Weg zu einem erfüllteren Leben beginnt mit kleinen Schritten: offenen Gesprächen, der Rückkehr zu den eigenen Gefühlen und der Entwicklung eines sicheren Umfelds.